
Seminargruppe 10 bekommt Besuch aus Rosenheim
Am Ende der Blockphase erwartete die Seminargruppe 10 ein sehr interessanter Vortrag von Frau Dr. Jennifer Morscheiser, Leiterin des Lokschuppens Rosenheim und Organisatorin der Ausstellung Heldinnen und Helden.
Die promovierte Archäologin begrüßte die Teilnehmenden zunächst ganz herzlich und informierte dann über das Konzept der bis Dezember 2024 im Lokschuppen Rosenheim beherbergten Ausstellung. Die Idee für die Ausstellung, die rund 150 unterschiedliche „streitbare“ Personen und Figuren von der Antike bis in die Gegenwart präsentierte, kam Frau Dr. Morscheiser im Februar 2022, zum Zeitpunkt des Überfalls der Ukraine durch russische Truppen. Die Medien berichteten von Selenskyi und Putin, die ihre jeweiligen Truppen im Kampf gegeneinander als Helden bezeichneten, was die Referentin dazu veranlasste, eine Ausstellung zu initiieren, die zum kritischen Nachdenken über Held*innentum anregen sollte.
Frau Morscheiser präsentierte der Gruppe zu Beginn verschiedene Definitionen von Heldinnen und Helden und hob dabei insbesondere die Dudendefinition des Begriffs Heldin hervor, die durch die Attribuierung „opfermütig“ eine klare Wertedifferenzierung zwischen Mann und Frau vornimmt. Danach zeigte sie in sehr anschaulicher Weise den Heroisierungs- sowie Deheroisierungsprozess auf. Die Motivation zu einer heldenhaften Tat kommt nämlich zwar aus einem selbst heraus, zur Heldin wird man aber durch andere, durch die „Heldenmacherin“, die den Heroisierungsprozess in Gang setzt, so die Referentin. Des Weiteren erklärt sie, dass Heldentum immer persönlich ist und regt damit die Gruppe zum Nachdenken über ihre persönlichen Held*innen an. Sind Fußballer*innen Held*innen oder sollte man eher von Vorbildern oder Idolen sprechen? Kann man J.K. Rowling oder Mutter Teresa eindeutig als Heldinnen bezeichnen? Auch die Heldenreise nach Joseph Campbell, die stark vereinfacht aus Aufbruch, Initiation und Rückkehr besteht, thematisierte die Referentin und stellte die Frage, welche Held*innen mit diesem Schema brechen. Die diskussionsfreudige Gruppe erkannte schließlich, dass die Figur Elsa aus Disneys Die Schneekönigin ein alternatives Narrativ bietet und damit von anderen Disneyfilmen abweicht. Ausgehend von einer Szene aus The Incredibles zeigte die Referentin anschaulich auf, dass moderne Held*innen komplexe, fehlerhafte und emotionale Figuren und Personen sind – oft Antihelden mit Grauzonen. Diesbezüglich fragte sie in die Runde: Müssen Held*innen moralisch gut sein oder reicht es, wenn wir sie verstehen? Auch auf die sich im Laufe der Zeit verändernden Rollenbilder und Repräsentation von Held*innen ging Frau Morscheiser ein und zeigte die Veränderung beispielhaft anhand der unterschiedlichen Honorierung der Siege der Frauen- und Herrenfußballmannschaften bei den Meisterschaften von 1989 und 1990 auf. Während die Frauenmannschaft nämlich ein Kaffeeservice als Preis erhielt, durfte sich die Herrenmannschaft über 75.000 Mark freuen. Abschließend beleuchtete die Referentin noch die Frage, was Held*innen des Alltags ausmacht, welchen Stellenwert Held*innen für die kindliche Entwicklung haben und fragte schließlich: Welche Held*innen brauchen wir in der Zukunft? Es durften sich alle Teilnehmenden angesprochen fühlen und schließlich eine selbsterfüllende Prophezeiung über sich formulieren.
An dieser Stelle ein herzlicher Dank an Frau Dr. Morscheiser für diesen speziell für die Gruppe konzipierten Vortrag, der eine wunderbare Abrundung der Blockphase darstellte. Der Vortrag lieferte nochmals wertvolle Impulse für die Seminararbeiten der Teilnehmer*innen und die rege Beteiligung der Seminarist*innen zeigte, dass die Seminargruppe der FOSBOS Altötting keine Angst vor intensiver, kritischer Auseinandersetzung mit den Held*innen(figuren) von damals und heute hat.
Cornelia Hechberger, StRin

