Besuch der KZ-Gedenkstätte im Mühldorfer Hart
„Warum überhaupt erinnern?“
Diese Frage stellt gleich zu Beginn der Führung der Vereinsgründer und langjährige Vorsitzende Franz Langstein den Schülerinnen und Schülern der 12WB. An dem Mittwochnachmittag erhielten wir so die Gelegenheit, den ehemaligen NS-Rüstungsbunker in Mühldorf zu besichtigen und zu erfahren, warum die Süddeutsche Zeitung noch im Jahr 2011 es ein „Das Schandmal“ der Erinnerungspolitik nannte.
Wie wir durch die Führung lernten, wurden mindestens 8.300 jüdische KZ-Häftlinge und über 1.700 Zwangsarbeiter hier zur Zwangsarbeit unter widrigsten Bedingungen gezwungen. Im Schnitt lebte man nach der Einlieferung in das Außenlager des KZs Dachau noch 80 Tage, bevor die Menschen (überwiegend Ungarn und Ukrainer) an Mangelernährung, Krankheiten und Herzversagen starben oder durch SS und Kapos ermordet wurden. Mindestens 2.249 von diesen Toten wurden schlicht in einem Massengrab verscharrt.
Mit Blick auf den Lehrplan war es nun von zentraler Bedeutung, wie mit einem solchem Erbe umgegangen wurde und auch in Zukunft umgegangen werden kann. Direkt mit Ankunft der amerikanischen Soldaten wurde beispielsweise das Massengrab wieder ausgehoben und eine menschenwürdige Bestattung veranlasst. Auch sprengte man 1947 alle Bunkerbögen bis auf den letzten. Die Initiative ging hierbei aber ganz klar von der Besatzungsmacht aus, und nicht von der örtlichen Bevölkerung.
Wie schwierig der Umgang der bayerischen Bevölkerung mit dem geistigen und materiellen Erbe der NS-Zeit fiel, erörterte die Gruppe mit Herrn Langstein in vielfältiger Weise. Beispielsweise war sein Volksschullehrer selbst noch ein „strammer Nazi“, sodass die Verbrechen und Ideologie in den 50er und 60er noch kaum aufgearbeitet wurden. Wenn auch bundesweit erste Veränderungen mit der 68-Bewegung entstanden, so brauchte man im Landkreis Mühldorf noch deutlich länger: erst 1994 wurde ein Verein gegründet, der seitdem gegen das Vergessen kämpft und so zum Beispiel auch dafür sorgte, dass der Bunker nicht wie zeitweise geplant eingeebnet wird oder eines Tages alles vom Wald überwuchert ist.
Trotz enormer Anstrengungen in der Vergangenheit hält auch die Zukunft des Ortes viele Aufgaben bereit. Unterhaltsam, aber auch anschaulich informierte uns Hr. Langstein über künftige Planungen für das Areal. Die beinahe zwei Stunden verflogen dabei fast wie im Flug. Dabei merkte man deutlich, dass ihm die künftigen Generationen sehr am Herzen liegen. Denn es liegt in deren Verantwortung, den Gedenkort weiterzuführen und zu erhalten. Damit schloss sich bei der Führung auch der Kreis zur Eingangsfrage: Warum sollte man sich in der Gegenwart mit der Vergangenheit auseinandersetzen? Laut Herr Langstein ganz klar: für den Erhalt demokratischer Werte in Gegenwart und Zukunft.
Betreuende Lehrkraft: Sandra Schneider