„Bayerische Verfassung ein Wegweiser für die Zukunft“: Schule trifft Politik
Podiumsdiskussion und Townhall-Debatte zum 70-jährigen Jubiläum der bayerischen Verfassung als gelungener Projektabschluss an der FOS/BOS Altötting
„Über die Wurzeln und die Zukunft Bayerns in Europa“: Unter diesem Motto versammelten sich rund 500 Schülerinnen und Schüler der FOS/BOS zu der Veranstaltung im „Kultur + Kongress Forum“ Altötting. Schulleiter Oberstudiendirektor Rudolf Geier hob in seinen Begrüßungsworten die Bedeutung der bayerischen Verfassung auch angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen hervor.
„Die Werte unserer bayerischen Verfassung sind ein Wegweiser für die Zukunft“
Während die Situation 1946, als die Verfassung in einer Volksabstimmung mit breiter Mehrheit angenommen wurde, von Zerstörung, Armut und Hunger geprägt war, leben wir heute in einem wirtschaftlich prosperierenden, demokratisch-pluralistischen Land mit großem Wohlstand und einem hohen Maß an sozialer Sicherheit. Eine Voraussetzung für diese positive Entwicklung war auch die bayerische Verfassung. Diese ist aber nicht nur ein Zeitdokument, sondern ein Auftrag an die Bürger und vor allem an die junge Generation, sich aktiv an der Gestaltung unseres Gemeinwesens zu beteiligen, so betonte der Schulleiter. In einer Zeit des Umbruchs, wie wir sie heute erleben, sehen wir uns mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Globalisierung, Migration, neue Medien und ein Wandel der politischen Kultur, geprägt von Politikverdrossenheit und Populismus, stellen Probleme dar, die nur gelöst werden können, wenn die Werte der Verfassung als Wegweiser in die Zukunft begriffen werden und sich alle Bürger aufgerufen fühlen, sich konstruktiv an der politischen Diskussion zu beteiligen.
Schüler diskutieren mit Politikern über die Flüchtlingskrise und die Zukunft der EU
Als Beitrag zur politischen Meinungsbildung der Schülerinnen und Schüler wurde der Projekttag von StR Benedikt Plöckl, StR Alois Weichselbraun (Fachbetreuer Sozialkunde) und StR Dr. Gregor Weidinger (Fachbetreuer Geschichte) initiiert und organisiert.
Die Geschichts- und Sozialkundelehrkräfte der FOS/BOS haben mit ihren Schülerinnen und Schülern der 12. und 13. Klassen zu aktuellen politischen Themen recherchiert, die Positionen der Parteien analysiert und in Diskussionen eigene Standpunkte entwickelt. Zum Abschluss der Projektarbeiten wurde die Podiumsdiskussion organisiert. Eingeladen waren Frau Ingrid Heckner (CSU), Mitglied des Landtags, Frau Annette Heidrich (SPD), Kandidatin für die Bundestagswahl 2017, und Herr Dr. Martin Huber (CSU), Mitglied des Landtags. Im ersten Teil der Veranstaltung debattierten sie mit Ann-Kathrin Spitzer (13Wa), Felix Neumann (12Sa) und Daniel Schraffl (13W1) über die Flüchtlingskrise und ihre Auswirkungen.
Die Schüler zeigten sich besorgt von der Entwicklung, dass auf europäischer Ebene bisher immer noch keine gemeinsame Lösung in der Flüchtlingsfrage gefunden worden sei. Einmütig wurde festgestellt, dass es in der Europäischen Union keine „flexible Solidarität“ geben dürfe. Wer einerseits die Vorzüge der Mitgliedschaft in der EU genieße, müsse andererseits auch bereit sein, die vereinbarte Zahl an Schutzsuchenden aufzunehmen.
Eine kontroverse Debatte entwickelte sich zur Bedeutung eines verschärften Grenzschutzes und einer Obergrenze. Die Diskussionsteilnehmer waren sich aber einig, dass Bürgerkriegsflüchtlingen und politisch Verfolgten Schutz in der EU gewährt werden muss. Auch die Bedeutung der Ursachenbekämpfung war unstrittig. Konsens herrschte ebenso darüber, dass der Flüchtlingspakt mit der Türkei nicht dazu führen dürfe, dass die EU erpressbar wird.
Nach der zweistündigen Podiumsdiskussion erhielten die Schülerinnen und Schüler aus dem Publikum die Möglichkeit, Fragen an die Politiker zu stellen. In der „Townhall“-Debatte standen vor allem die Gefahren des sich ausbreitenden Populismus im Vordergrund.
Für komplizierte politische Probleme gibt es keine einfachen Lösungen
Bei der Beantwortung der Schülerfragen kristallisierte sich heraus, dass die Unzufriedenheit und EU-Verdrossenheit auf die oft komplexen und langwierigen Verhandlungen zurückzuführen sind. Populisten nutzen dies aus. Mit unzulässigen Vereinfachungen, unerfüllbaren Versprechungen und Ablehnung von Werten wie Freiheit, Gleichheit, Toleranz, Wahrung der Menschenrechte und Solidarität prägen sie einen neuen Politikstil, der vor allem Politikverdrossene anspricht. Die Politiker zeigten sich überzeugt davon, dass die Bedeutung populistischer Parteien und Strömungen wieder abnehmen wird, wenn die Probleme angepackt werden und die etablierten Parteien die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen. Dem Großteil der Bevölkerung sei der Wert der Europäischen Union als Friedens- und Freiheitsprojekt durchaus bewusst.
Das Interesse der Schülerinnen und Schüler war so groß, dass nicht alle der zahlreichen Wortmeldungen besprochen werden konnten. Am Schluss der gelungenen Veranstaltung bedankte sich Schulleiter Rudolf Geier bei den Politikern, den mitwirkenden Lehrkräften und bei den Schülern für die rege Beteiligung an der Diskussion. Eine Fortsetzung findet das Projekt am Montag, den 12. Dezember 2016, an der Außenstelle der FOS in Mühldorf.
OStR Michael Eichenseer
Bilder zur Veranstaltung (weitere befinden sich in der Bildergalerie):